Akzeptanz-Toleranz-Modell (ACTOMO)

Dreckige Kaffeetassen in der Büroküche? Schreibtisch-Chaos vs Clean-Desk-Policy? Geschweifte Klammer in diese oder die nächste Zeile? Wo immer Menschen zusammenkommen, tauchen unterschiedliches Verhalten, Ansichten und Erwartungen auf. Während uns ein gewisses Maß an „Diversity“ mehr Kreativität verleiht, können starke Differenzen schnell zu Konflikten führen, die zudem oft nur unterschwellig existieren und daher nie wirklich gelöst werden. Das Akzeptanz-Toleranz-Modell hilft, solche Unterschiede zu erkennen und aufzudecken und geht dazu bis an die Grenze des Ertragbaren.

Anwendung für Teams 

Wenn Teams Konflikte haben, wird als ein beliebtes Gegenmittel gern die Entwicklung gemeinsamer Team Values eingesetzt. Andere Teams einigen sich bereits bei ihrer Gründung auf einen Werte-Kodex.  Darin finden sich oft hehre Vereinbarungen wie „Transparente Kommunikation“, „Respektvoller Umgang“, „Übernahme von Verantwortung“ oder auch schon mal „Open Mind“, „Sharing is caring“, „Fokussierung auf den Kunden“. 

Keine Frage, das sind alles wirklich gute Vorsätze und es gibt noch wesentlich mehr Werte, die Teams für sich vereinbaren können und auch sollten. Ich finde es überaus wichtig, dass Teams sich damit beschäftigen, wie sie ihre Zusammenarbeit auch abseits fachlicher Anforderungen gestalten wollen. Teams, die nicht wissen wie sie dazu kommen, ihre Werte zu entwickeln, können sich vieler Quellen in der Literatur oder im Internet bedienen, oder sich ggf. einen geübten Coach holen, der dabei unterstützen kann.

Bei der Auswahl und der Einigung auf gemeinsame Werte liegt das Ziel darauf, gewünschtes Verhalten und positive Attitüde hervorzuheben und Menschen zu ermuntern, positiven Beispielen zu folgen. Im Gegensatz zu Regeln oder gar Verboten funktioniert das auch gut, um eine positive Atmosphäre zu erzeugen. 

In der Praxis habe ich jedoch oft erlebt, dass es in Teams trotz sinnvoll vereinbarter Werte und positiver Intention zu Konflikten kommt, die sich auch nicht durch regelmäßiges Reflektieren und Erneuern der Werte bereinigen ließen. Nach meiner Beobachtung entstanden Konflikte hauptsächlich durch Verhaltensweisen, die gefühlt durch die Werte legitimiert waren, in der konkreten Situation die Erwartungen anderer jedoch stark irritierten oder enttäuschten.

Ich bin daher der festen Überzeugung, dass wir ergänzend zur Entwicklung positiver Werte uns auch mit den Grenzen des Ertragbaren jedes Beteiligten beschäftigen müssen. Wenn wir Vielfalt und Toleranz einfordern, stellt sich eben auch die Frage, was wir im Umkehrschluss alles erdulden müssen.

Beispiel: Wenn wir vereinbaren, dass es keine Clean-Desk-Policy gibt, muss ich dann auch über Wochen dreckige und halb verschimmelte Kaffeetassen auf dem Schreibtisch meines Nachbarn ertragen? Wenn wir „Übernahme von Verantwortung“ als Wert vereinbart haben, reicht es dann, in der fachlichen Diskussion die Führung zu übernehmen, während andere vor dringenden Abgabeterminen bis spät abends daran sitzen, die Teamarbeiten fertigzustellen?

Natürlich könnte man argumentieren, dass mit Verweis auf Werte wie „respektvoller Umgang“, „offene Kommunikation“ oder „Open Mind“ solche Differenzen angesprochen und ausgeräumt werden könnten. Oft funktioniert das auch. Die Krux liegt jedoch wie meistens im Detail.