Open Space

Eine Methodenbeschreibung.

Die Möglichkeiten für mehr Beteiligung und Mitbestimmung im Arbeitsumfeld sind sehr breit gefächert. Heute will ich mal Open Space als Format für Konferenzen erläutern, weil ich selbst in letzter Zeit einige Open Spaces veranstaltet habe, darunter die Agile Cologne.

Klassischerweise haben Konferenzen ein vorab definiertes Programm, also eine ganze Reihe von Vorträgen, die vom Veranstalter im Vorfeld gesammelt, bewertet und fest in die Agenda eingebaut werden. Meist steht dabei ein gewisses Themenspektrum im Vordergrund, welches von den diversen Rednern in ihren Sessions aus unterschiedlichen Richtungen beleuchtet werden soll, um so den Besuchern einen möglichst breiten Überblick zum Hauptthema zu geben. Die einzelnen Vorträge folgen dabei üblicherweise einer linearen Argumentationskette und übermitteln die im Voraus erarbeiteten Erkenntnisse des Redners. Am Ende gibt es meist noch die Gelegenheit für Fragen. Mehr Beteiligung ist nicht vorgesehen.

Eine Open-Space-Konferenz läuft vollkommen anders ab.Die einzige Gemeinsamkeit besteht wahrscheinlich darin, dass auch Open Spaces ein Hauptthema haben. Im Unterschied zur klassischen Konferenz gibt es beim Open Space jedoch kein vorab definiertes Programm, sondern es existiert lediglich eine leere Agenda, eine Art Stundenplan mit verschiedenen Zeitslots und Räumen, in dem zu Beginn der Veranstaltung in einer gemeinsamen Runde mit allen Teilnehmern, dem sogenannten Marketplace, Themen gesammelt werden. Die Agenda hängt dabei möglichst groß und deutlich sichtbar für alle an zentraler Stelle des Raums, z.B. an einer Wand oder auf einer Bühne.

Open Space Topics
Open Space Topics

Im Marketplace können Themen von allen Teilnehmern vorgeschlagen werden, es gibt keine fest definierten Redner, alle haben das gleiche Mitspracherecht. Jeder Teilnehmer darf daher einfach ein Thema vorschlagen. Üblicherweise liegen große Zettel aus, auf denen das Thema festgehalten wird, damit geht der Teilnehmer nach vorne und stellt sein Thema kurz vor. Anschließend kann derjenige sich einen freien Slot in der Agenda aussuchen, und hängt seinen Zettel, seine Session dorthin. Damit das nicht in Chaos ausartet, wird der Marketplace üblicherweise moderiert.

Was von den Teilnehmern vorgeschlagen wird ist sehr unterschiedlich. Manche bieten Workshops an, manche wollen etwas bestimmtes erarbeiten, andere stellen einfach nur eine Frage und hoffen auf Antworten.

Wenn keine weiteren Themen mehr vorgeschlagen werden, endet der Marketplace, und die Sessions können beginnen. Die Teilnehmer, die ihre Themen vorgeschlagen haben, die sogenannten Hosts, sollten zur rechten Zeit in dem von ihnen angegebenen Raum sein. Jeder Host trägt die Verantwortung dafür, dass seine Session gut moderiert wird, und dass gemeinsame Erkenntnisse ggf. dokumentiert werden, üblicherweise auf Flipchart. Da das OpenSpace ein explizites Format für BEteiligung und Mitbestimmung ist, werden die meisten Sessions als Diskussionen durchgeführt. Dafür gibt es besondere Moderationtechniken, auf die ich vielleicht mal in einem anderen Post eingehen werde.

Am Ende des Open Space kann es noch eine Abschluss-Veranstaltung geben, in der die jeweils erarbeiteten Erkenntnisse vorgestellt werden, oder sich die Teilnehmer einfach gemeinsam über ihre Eindrücke von der Veranstaltung austauschen.

Zum OpenSpace-Format gehören auch noch folgende Prinzipien (s. Wikipedia)

  • Wer auch immer kommt, es sind die richtigen Leute – einer oder 25 ist egal, und jeder ist wichtig und motiviert.
  • Was auch immer geschieht, es ist das Einzige, was geschehen konnte – Ungeplantes und Unerwartetes ist oft kreativ und nützlich.
  • Es beginnt, wenn die Zeit reif ist – wichtig ist die Energie, nicht die Pünktlichkeit.
  • Vorbei ist vorbei, Nicht vorbei ist Nicht-vorbei – wenn die Energie zu Ende ist, ist die Zeit um.

Gemeinsam drücken diese Regeln den Charakter des Unverbindlichen aus, aber auch die Einsicht, dass nicht äußere Rahmenbedingungen wie Uhrzeit oder vorgegebene Themen darüber entscheiden, welche Erkenntnisse in einer Session entstehen, sondern einzig und allein die beteiligten Menschen. Das macht Session im OpenSpace so wertvoll im Vergleich zu Frontalvorträgen: die Ergebnisse sind jedes Mal anders.

Ebenfalls gehört dazu auch noch “das Gesetz der zwei Füße”: Jeder Teilnehmer kann und soll die Session wechseln, wenn er dort wo er gerade ist nichts mehr lernen und nichts mehr beitragen kann!

Das kann dazu führen, dass manche Teilnehmer mehrere Sessions pro Slot wechseln, und dass in manchen Sessions häufig Teilnehmer dazukommen oder gehen. Die Regeln des OpenSpace sollen dabei helfen, allen zu vermitteln, dass es ein akzeptiertes und willkommenes Verhalten darstellt.

Beim OpenSpace geschehen wirklich sehr überraschende Dinge. Ich habe erlebt, dass 70 Teilnehmer über ein ganzes Wochenende hinweg selbst kontroverse Themen in vollkommener Harmonie diskutiert haben, oder wie die Fragestellung eines thematischen Laien sich in eine hochspannende zweistündige Diskussion entwickelt hat, eine Session mit nur drei Teilnehmern, aber äußerst interessanten Erkenntnissen, und wie Menschen ihre Session in den Garten verlegt haben, weil so schönes Wetter war.

Ich kann jedem nur empfehlen, eine OpenSpace Konferenz zu besuchen, oder sogar selbst eine zu veranstalten. Es braucht ein bischen Vorbereitung, ist aber gar nicht so schwer wie man denkt. Ich helfe auch gern mit ein paar Tipps – es generiert sich gerade eine neue Session für den nächsten Post in meinem Kopf.

Viel Spaß